Nachdem wir 1 Woche in Tbilisi verbracht haben (dazu später mehr) sehen wir endlich ein Wetterfenster um in den Norden zu fahren, wo der wirklich beeindruckende große Kaukasus auf uns wartet. Entlang des Military Highways, vorbei an zahllosen LKWs kurven wir durchs Gebirge. Wir machen einen weniger beeindruckenden Dayhike nach Tskere, wo wir, wie schon öfters, große chinesische Baustellen sehen. Hier wird gerade ein Zugtunnel durchs Gebirge gebaut. Am Ende war die Wanderung dann doch noch schön und auch die aggressiven Hunde am Rückweg konnten wir großräumig umgehen. Am Abend tuckern wir noch langsam über eine rumpelige Schotterstraßeweiter ins entlegene Sno Valley und übernachten mutterseelenallein im Tal. Morgen wollen wir endlich unsere erste Mehrtagestour mit Zelt starten.
Von Juta nach Roshka
Die Tour verbindet 2 Bergdörfer, gezeltet wird bei den Abudelauri Lakes, 3 Bergseen mit unterschiedlichen Farben. Wir entscheiden uns beim Hin- und Rückweg verschiedene Pässe zu nehmen um eine Rundwanderung zu machen. Doch bevor wir starten müssen wir noch nach Juta kommen….
Die Anreise
Wir haben bereits gelesen, dass die Anfahrt herausfordernd ist, wir sehen wie Menschen 3 km vor Juta aus Taxis geworfen werden, weil diese nicht bis nach Juta fahren wollen/können… Wir probierens trotzdem. Am Weg werden wir gleich von einem Einheimischen gestoppt, den wir mitnehmen. Plötzlich stehen wir vor einem Schild, die Straße nach Juta ist gesperrt, weil unbefahrbar. Die Straße schaut auch wirklich wild aus. Steil, eng, auf und ab an einer Klippe, mit riesigen Schlaglöchern. Wir deuten dem Einheimischen, dass wir nicht weiter fahren können, aber der meint mit einer abtuenden Handbewegung, dass das schon geht. Wir schlucken und tasten uns weiter voran. Es kommt eine steile Mulde und wir schrammen, wie schon öfters mit unserer Trittstufe kratzend am Boden. Auch unser Gast verkrampft sich plötzlich im Sitz, aber es gibt jetzt kein Zurück mehr. Diesmal mach ich die abtuende Handbewegung: “Kein Problem, dieses Schrammen kennen wir schon.” Am Weg gabeln wir noch ein deutsches Pärchen auf und schaffen es vollbeladen bis zu einem Parkplatz in Juta. Wie sich herausstellt, ist unser Mitfahrer der Parkwächter, und er knöpft uns, obwohl wir ihn mitgenommen haben, den vollen (nicht ganz billigen) Preis fürs parken ab. Aber wir lassen uns nicht die Laune verderben, sind froh heil angekommen zu sein und starten die Wanderung.
Die Wanderung
Allein Juta ist unglaublich schön, als wir nach ca. 20 Minuten steilen Aufstiegs zum ersten mal das Chaukhi Massiv vor uns sehen, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr raus. Wir machen gleich halt bei einem Camp/Cafe genießen die Aussicht und die Sonne. Dort treffen wir auf Julia, eine Vorarlbergerin die in Innsbruck wohnt und gerade von einer Expedition vom Kazbegi zurückkommt. Wir werden sie später besser kennen lernen (mehr als uns lieb ist…).
Vorerst wandern wir aber noch mehr oder weniger allein, durchqueren einen Fluss und überwinden den anstrengenden Chaukhi-Pass. Am Weg sammeln wir funkelnde Salzkristalle und bestaunen die massiven schneebedeckten Berge rund um uns. Bei immer schlechter werdenden Wetter kommen wir bei den Abudelauri Lakes an, wo schon einige andere Zelte aufgebaut sind. Die nette, aber irgendwie egozentrische Psychotherapeutin Julia hat sich inzwischen an uns gehängt und erzählt aus ihrem Leben. Ich helfe ihr beim Zeltaufbau, wo gleich mal eine Zeltstange kaputt geht, war das jetzt meine Schuld. Beim Aufblasen unserer eigenen Schlafmatte gibt es dann plötzlich mehrere laute Knalle – die Nähte unserer treuen Matte platzen nach uns nach auf, die Nacht verbringe ich dann wie auf unförmigen Eierschalen. Ein Gewitter hängt über uns aber bricht nicht vollkommen aus, trotzdem läuft ein verängstigter Wanderer keuchend bei uns vorbei während ich Spaghetti koche.
Am nächsten Morgen möchte Julia wieder mit uns mitgehen. Vorher geht sie noch nackt in einem der Seen schwimmen und lässt uns warten. Der Weg zurück führt über den Sadzhele Pass. Der Weg ist nicht ganz leicht zu finden, teilweise weggebrochen. Julia ist eigentlich ganz nett, erzählt von ihrem komplizierten Beziehungsleben, und ist durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Wenn sie auf einen Bolder klettert, warten wir, wenn sie eine ausgedehnte Pause machen will, warten wir, wenn sie in einem schneebedeckten Gebirgsfluss nackt badet, warten wir, wenn sie sich trocken sonnt, warten wir… Sie überlegt sogar, einen Tag länger hier zu bleiben. Wir geben ihr zu verstehen, dass wir gern weitergehen würden (wir wollen/müssen heute noch weiterfahren) und sie gerne länger hier bleiben kann… nach längerer Überlegung, möchte sie dann aber lieber mit uns mitfahren – uff.
Der Rückweg
Der Trail ist noch mit vielen Schneefeldern bedeckt, die Julia dazu nutzt, wie auf Skiern runterzusliden, cool. Gegen Ende der Wanderung werden wir von kaukasischen Schäferhunden aufgehalten. Bellend stellt sich der Alarmgeber vor uns. Wir weichen zurück, ohne große Bewegungen zu machen und meiden direkten Augenkontakt. Nach ein paar Minuten kommt der Hirte und pfeift den Hund zurück. Es folgt ein Feld, voll mit Hunden, ein paar angekettet, ein paar nicht, es ist nervenaufreibend, wenn neben einem plötzlich ein lautes Bellen zu hören ist. Wir schaffen es aber durch und kommen am späten Nachmittag erschöpft und glücklich beim Auto an. Wir müssen noch ca. 2h fahren um aus dem Juta Tal raus zu kommen, also versuchen wir uns zu beeilen, damits nicht zu dunkel wird. Wir warten mal wieder auf Julia die ihr Gepäck aus dem Hostel holen muss, ich bin wegen ihr schon leicht angespannt. Nach ca. 10 Minuten auf der gefährlichen (gesperrten) Gebirgsstraße, fällt Julia dann plötzlich ein, dass sie ihre Trinkflasche vergessen hat. Es ist unmöglich umzudrehen, also meint sie: “Hmm, es gibt jetzt 2 Möglichkeiten, ich laufe zurück (ca 15 min 1-way) und ihr wartet, oder ihr lässt mein Gepäck einfach am Straßenrand stehen…”. “Oder drittens, du scheißt einfach auf die Trinkflasche?” erwidere ich. “Nein, die war ein Geschenk”…. Natürlich lassen wir ihre Sachen nicht einfach auf der Straße stehen, also warten wir genervt ein letztes mal auf Julia, bevor wir sie dann auf der Hauptstraße absetzen und weiter in das Tal fahren, dass mitverantwortlich war, dass wir uns vor 2 Jahren in Georgien verliebt haben – das Truso Valley!
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