1 Woche mit Zelt im großen Kaukausus – Omalo nach Shatili

Wir sind gerade dabei uns am Seewansee in Armenien von unserer Pilzvergiftung zu erholen, als ich so wie fast jeden Tag das Wetter in den Wandergebieten in Georgien checke, wo es nur ein Wetter zu geben scheint, nämlich Gewitter. Ständig mussten wir unsere geplanten Wanderungen deshalb nach hinten schieben, um nicht bei Donner und Blitz am Berg im Zelt zu hocken. Endlich gibt es einen Lichtblick und 2 schöne Tage, die wir mindestens brauchen, um die längste von unseren 3 geplanten Mehrtageswanderungen in Georgien zu meistern. Wir düsen also wieder nach Tbilisi auf unseren altbewährten Campinglatz beim armenischen Friedhof, waschen unsere Kleidung im altbewährten Waschsalon in der Altstadt und gehen wiedermal ins Cafe Daphne essen, wo es die besten Khinkhali (georgische Riesenteigtaschen) des Landes gibt. Am nächsten Tag beginnt die lange Anreise ins entfernte Omalo.

Vorbereitung

Die Wanderung führt knapp bei der russisch (tschetschenischen) Grenze, durch den großen Kaukasus, entlang entlegener Berg- und Steindörfer in der Region Tusheti, die teilweise nur zu Fuß oder zu Pferd erreichbar sind und das auch nur im Sommer. Eine Mischung aus Zelten und Guesthouses in diesen Dörfern, zusammen mit der 3.500m hohen Atsunta-Pass Überquerung verspricht eine extrem schöne und abwechslungsreiche Wanderung mit unberührter Natur und konservierter Kultur. 4-5 Tage dauert die Wanderung, von denen wir 3 im Zelt verbringen, + 2 Tage für die laaange An- und Abreise.

Omalo – die Anreise

Ursprünglich haben wir überlegt, mit unserem Campino nach Omalo zu fahren und uns dann dagegen entschieden. Eine gute Entscheidung, denn wir hätten Omalo niemals erreicht. Insgesamt hat die Anreise ca 10h gedauert. Mit dem Taxi zum Busbahnhof, mit dem Marshrutka nach Alvani und von dort mit einem 4×4 Jeep 5 h die letzten Kilometer nach Omalo. Diese Straße wurde mal zu den 10 gefährlichsten Straßen der Welt gewählt und ist seitdem als “Death Road” bekannt. Jedes Jahr sterben hier Menschen, auch Touristen und die Jeep-Fahrer sind oft betrunken um “ihre Nerven zu beruhigen”. Die Anfahrt war tatsächlich abenteuerlich, extrem steil und eng geht es die teils schlammige Dirt Road langsam bergauf, nervenaufreibendes warten am Abgrund bei Gegenverkehr inklusive. Ganz so schlimm wie es sich anhört ist es dann aber auch nicht, unser von unserem Guesthouse empfohlener Fahrer bringt uns sicher nach Omalo wo wir eine Nacht in einem tollen Guesthouse samt umfangreichen vegetarischen Abendessen und Frühstück verbringen. Dort treffen wir auch auf ein deutsches und ein schweizerisches/libanesisches Pärchen auf die wir auf unserer Wanderung immer wieder treffen werden.

Am nächsten Tag ist ein großes Festival in Omalo, trotzdem beschließen wir aufgrund des knappen Wetterfensters unsere Wanderung zu starten.

Die Wanderung – Omalo nach Shatili

Der Weg führt uns durch riesige saftig grüne Berge, blumige Almwiesen von steinernen Festungsstädten zu kleinen Dörfern. Wir überqueren jede Menge Bäche und Flüsse die wie Wasserfälle von den Bergen fließen. Es geht meistens im Tal, aber stetig bergauf, entlang eines reissenden Flußes den wir an 2 Stellen auch queren müssen. Eine Schlüsselstelle der Wanderung, den oft ist diese Querung gar nicht oder nur mit Pferden möglich. Am Anfang sehen wir noch einige andere Wanderer, aber ab dem 2. Tag sehen wir außer ein paar Reitern keine Menschenseele. Wir campen unter der fast verlassenen Steinstadt Parsma am Fluss, das Wetter hält. Die zahlreichen Schilder im noch bewohnten Steindorf lassen uns etwas ratlos.

Angst – Begegnung mit kaukasischen Schäferhunden

Es gibt im Kaukasus verschiedene Gefahren, denen man sich beim Wandern aussetzt, Gewitter, Bären, Wölfe, Schlangen, Spinnen (dazu folgt später noch eine “lustige” Anektode) und die gefährlichste – kaukasische Schäferhunde. Kein Spaß, diese Hunde, die man im Kaukasus häufig trifft, werden eingesetzt, um Schafsherden gegen !Bären und Wölfe zu verteidigen. Dementsprechend aggressiv und territorial sind sie auch. Ich habe mich vorher lange mit dem richtigen Verhalten bei einem Zusammentreffen beschäftigt und wir haben mit diesem Wissen auch mehrere Begegnungen gut meistern können… bis jetzt.

Es ist Tag 2, mit entspannten 5h hätte es der kürzester der ganzen Wanderung werden sollen. Etwas entspannen vor dem anstrengensten nächsten Tag, bei dem der Atsunta-Pass und 2 Flussquerungen zu meistern sind. Es geht auf und ab durchs wunderschöne Tal, wir haben die Dirt Road des ersten Tags zurück gelassen und wandern mutterseelenallein vergnügt durch die gigantische Berglandschaft.

Plötzlich taucht eine kleine Schafsherde auf einer Kuppe vor uns auf. Wir wissen, Schafe bedeuten meistens auch böse Hunde und tasten uns langsam vorwärts. Tatsächlich trohnt auf der Spitze der Kuppe ein Hund, der sofort Alarm schlägt. Wissend machen wir langsam ein paar Schritte zurück, ignorieren den Hund und warten auf den Hirten, damit er ihn zurückpfeift. Tja, der Hirte kommt leider nicht. Das heißt wir müssen großflächig ausweichen. Wir steigen den Hang hinab, weit weg von den Schafen, plötzlich laufen 2 weitere Hunde bellend auf uns zu. Wir weichen wieder zurück. Nächster Versuch, die schweren Rucksäcke den Berg nach oben geschleppt, diesmal mit noch viel größeren Abstand zu den Schafen. Die Hunde beobachten uns zuerst ruhig. Das gibts doch nicht, plötzlich laufen wieder 2 Hunde aus großer Entfernung wild bellend auf uns zu. Diesmal kommen sie bis auf wenige Meter an uns ran, wir stehen mit dem Rücken zum Abgrund. “Was sollen wir jetzt tun?” fragt Carina. “Ja wir müssen runter!” antworte ich panisch. Wir halten uns Adrenalin durchflutet an Grasbüscheln fest und flüchten nicht ganz ungefährlich über den Abgrund auf die andere Bachseite, die kleffenden Hunde im Nacken. Endlich lassen sie wieder ab. Es scheint keine Möglichkeit zu geben, vorbeizukommen. Wir setzen uns erstmal, beobachten und warten. Carina schreit mehrmals so laut sie kann: “Garmadschoba!!!!” (Hallo?!?!) um den Hirten zu rufen… niemand antwortet oder kommt. Eine Pferdekarawane reitet bei uns vorbei, vlt. unsere Chance? Aber es tauchen plötzlich insgesamt 5 Hunde auf, die Pferde samt Reiter attackieren. Je mehr Hunde eine Herde hat desto größer das Revier, das sie verteidigen. Die Karawane reitet schnell vorbei, zu schnell, dass wir uns hätten anschließen können. Wir warten wieder. Nicht nur die Hundeanzahl wird immer mehr, auch immer mehr Schafe kommen hinter der Kuppe hervor und nehmen bald den gesamten Berg vor uns ein. Wir trauen uns nicht mehr vorbei und warten auf den Hirten oder sonst irgendjemanden der uns helfen könnte… Nach fast 3h taucht endlich ein Pferd mit 2 Reitern gallopierend von der anderen Seite auf. Wieder attackieren die Hunde die Reiter, die schnell in unsere Richtung flüchten. Der kleine Hund der bei ihnen ist, wird von den kaukasischen Bestien übel attackiert und versucht mit eingezogenem Schwanz und jaulend zu flüchten. Die anderen verfolgen ihn. Was sollen wir tun? Eir überlegen schon umzukehren und es am nächsten Tag erneut zu versuchen aber einen letzten verzweifelten Versuch wollen wir noch starten. Eir wollen komplett zum weit entfernten Fluss absteigen, diesen überqueren und weiter vorne im Tal durch die Vegetation zurück nach oben klettern. Als wir die ersten Kuppen Richtung Fluss überqueren sehe ich am Schafsberg plötzlich den Hirten, der wie Moses mit einem langen Stab dahsteht und Ausschau hält. Die letzten Reiter müssen ihn angerufen haben. Wir winken ihm zu, auch er winkt. Schnell laufen wir wieder zurück, er läuft uns entgegen, was seine Hunde veranlasst sogar ihn zu attackieren. Letztlich hat er sie aber unter Kontrolle und eskortiert uns lächelnd durch die Herde. Den Hunden pfeift er zu und gibt ihnen mit tiefer ruhiger Stimme Kommandos. Die meisten bleiben daraufhin einfsch liegen.Wir sind über unseren Retter überglücklich auch wenn wir nicht ganz verstehen, warum er in seiner 10 min entfernten Hütte hockt und seine Herde samt “Beschützer” mitten am Wanderweg alleine lässt. Wir lehnen seine Kaffee Einladung ab, beeilen uns zum Zeltplatz zu kommen und sind unglaublich erschöpft von diesem Tag. Wir bauen unser Zelt auf, trinken ein Bier und liegen platt auf unserer Isomatte im Gras und genießen die abendlichen Sonnenstrahlen.

Atsunta-Pass und Shatili

Mit viel Muskelschmerzen frühstücken wir und schauen Pferden beim grasen, wiehern und schlafen zu. Es folgen die 2 berüchtigen Flussüberquerungen. Bei der ersten stehen wir fast 1 h vor dem Fluss, ich versuche an 4 Stellen vergeblich die mehr als knietiefe reissende Strömung zu überwinden, Carina läuft inzwischen den Fluss auf und ab um nach einer geeigneteren Stelle zu suchen. Als wir fast aufgeben wollen, kommt mir die Idee. Weiter hinten gibt es eine Schnee/Eisbrücke, die schon gut weggeschmolzen ist, aber uns noch tragen könnte. Auf allen Vieren schiebe ich vorsichtig meinem Rucksack vorwärts – das Schneefeld hält, wir sind drüben! Der Pass auf 3.500m ist ewig lang und anstregend, die Vegetation ändert sich immer wieder, von unzähligen Blumenwiesen zu urwaldartigerem Gestrüpp bis zu alienhaften weissen 2m Riesenblumen. Auf der anderen Pass Seite treffen wir wieder auf das deutsche und schweizerische Pärchen, die sich zwischenzeitlich unabhängig vom uns kennengelernt haben. Elias, der Libanese, hat sich mit dem Gaskocher übel die Zehen verbrannt und humpelt tapfer weiter. Eine letzte Zeltnacht verbringen wir etwas oberhalb der Borderpolice, bei der wir unser Permit stempeln lassen. Wir sind wieder allein auf einer schönen aber windigen Kuppe auf 2.700m.

Am nächsten Tag geht der steile Abstieg vorbei an der Festungsstadt Mutso, bis wir in unserem Guesthouse in der ebenfalls mittelalterlichen Stadt Shatili ankommen, wo wir diese tolle Wanderung Revue passieren lassen. Wir klettern in der großen mittelalterlichen Steinstadt herum, kaufen von unserem Host “Shinpara” Cloisonne Email Schmuck und sind davon begeistert. Sie zeigt uns wiecaufwändig sie diesen typisch georgischen Schmuck herstellt und steckt uns damit komplett an. Wir buchen darauf gleich eine Masterclass in Kutaisi und stellen 2 Tage später unseren eigenen Schmuck her. Wir rasten noch eine Nacht bevor wir mit dem Marshrutka zurück nach Tbilisi tuckern.

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